Andreas Falk, COO von Erler Zimmer, Spezialhersteller anatomischer Modelle, erklärt, wie 3D-Drucktechnologie zur Revolutionierung seiner Branche beiträgt.
In der Vergangenheit spielten Leichen in der anatomischen und medizinischen Ausbildung eine entscheidende Rolle. Gibt es eine bessere Art zur Vermittlung anatomischen Wissens als das Sezieren und Untersuchen eines menschlichen Körpers? In den letzten Jahren ist jedoch eine Technologie auf den Plan getreten, die das Potenzial hat, die medizinische Ausbildung zu revolutionieren: 3D-Druck. Universitäten, Krankenhäuser, Mediziner und Experten, die sich diese Technologie zunutze machen können, werden in die Lage sein, bei Bedarf jeden Teil des menschlichen Körpers fotorealistisch nachzubilden. Leichen sind zwar ein praktisches und nützliches Hilfsmittel für Medizinstudenten, doch ihre Verwendung hat zweifellos eine Reihe von Nachteilen – von ethischen Fragen bis hin zu Verfügbarkeitsproblemen. 3D-Druck macht nicht nur die Verwendung von Leichen überflüssig, sondern bietet auch neue Technologien wie die Drucker der Serie 3DUJ von Mimaki, die über umfassende Fähigkeiten in Bezug auf Präzision und Qualität verfügen und die derzeit in Krankenhäusern und Universitäten verwendeten pulverbasierten Druckermodelle bei weitem übertreffen.
Anatomische Modelle sind in der medizinischen Ausbildung nichts Neues. Eines der dominierenden Unternehmen auf diesem Markt ist Erler Zimmer. Die 1950 von Johannes Erler und seinem Schwiegersohn Walter Zimmer gegründete Firma hat sich seit jeher auf die Herstellung und Vermarktung von Lehrmaterial für den medizinischen Bereich konzentriert. Traditionell wurden die Produkte im Spritzgussverfahren hergestellt und anschließend lackiert. In der medizinischen Ausbildung finden diese Modelle seit langem gemeinsam mit Leichen und digitalen Simulationen Anwendung.
Vor kurzem begann Erler Zimmer, sich nach neuen Technologien umzusehen, um Modelle mit höherer Detailgenauigkeit herstellen zu können. Dabei entdeckte das Unternehmen die 3DUJ-Serie und war sofort von der Präzision des Vollfarbdrucks beeindruckt.
Warum wird 3D-Druck in der Medizin benötigt?
Die Verwendung von Leichen im medizinischen Bereich hat zweifellos zahlreiche Vorteile, doch diese werden oft durch die damit verbundenen Nachteile aufgehoben. In bestimmten Bereichen können biologische Modelle sehr effektiv sein, z. B. bei der Ausbildung in Ultraschall- oder Injektionstechniken, bei denen es äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, echtes menschliches Gewebe nachzubilden.
Der Nachteil in diesem Bereich liegt jedoch in der Art, wie mit Leichen gearbeitet wird. Sie sind nicht nur sehr teuer, sondern ihre Beschaffung und Behandlung ist auch sehr kostspielig. Nicht einbalsamierte Leichen verwesen schon nach wenigen Tagen, was bei Medizinstudenten manchmal zu körperlichen Beeinträchtigungen wie Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit führt. Bei der Einbalsamierung werden wiederum die taktilen Eigenschaften, die Struktur und die Flexibilität der Leichname beeinträchtigt. Unabhängig davon, ob die verwendeten Leichen einbalsamiert sind oder nicht, ist das Sezieren auch mit deutlichen psychischen Belastungen verbunden, sodass viele Medizinstudenten unter Depression, Angst und Stress leiden.
Was die etablierten Alternativen anbelangt, so fehlt es den in der anatomischen und medizinischen Ausbildung üblichen pulverbasierten Modellen an der taktilen Qualität, durch die sich neuere 3D-Druckmodelle auszeichnen. Ihre Empfindlichkeit und geringe Haltbarkeit führen dazu, dass sie bei häufigem Gebrauch innerhalb kürzester beschädigt werden oder sich verfärben, sodass sie oft ersetzt werden müssen.
Umstieg auf 3D-gedruckte Modelle
Erler Zimmer hatte ursprünglich nicht vor, auf 3D-Druck umzusteigen. Als die Monash University (Australien) jedoch 2021 mit der Bitte an das Unternehmen herantrat, auf der Grundlage digitaler Scans Modelle von Leichen anzufertigen, wagte die Firma schließlich doch den Umstieg. Erler Zimmer erkannte schnell, dass herkömmliche Technologien zur Herstellung dieser Modelle nicht ausreichen würden, da sie die von digitalen Scans geforderte hohe Detailgenauigkeit nicht erreichen konnten. Deshalb begann das Unternehmen damit, die Möglichkeiten des 3D-Drucks zu erkunden.
Anfangs probierte Erler Zimmer eine andere 3D-Druckermarke aus, erklärt COO Andreas Falk. Nach einer sechsmonatigen Testphase beschloss das Unternehmen jedoch, das Gerät aufgrund ständiger Fehlfunktionen zurückzugeben und in einen 3D-Drucker von Mimaki zu investieren. Erler Zimmer entschied sich für den 3D-Drucker 3DUJ-553 aus der 3DUJ-Serie für industrielle Druckanwendungen und war von dem Gerät so beeindruckt, dass nun die Anschaffung weiterer Drucker geplant ist. In Lauf, wo das Unternehmen seinen Sitz hat, führte der von Mimaki autorisierte 3D-Fachhändler DP Solutions die Musterproduktionen durch und unterstützte Erler Zimmer bei der Bedienung der Maschine und der dazugehörigen Software.
„Mimaki stellte uns die optimale Lösung zur Verfügung. Da der 3DUJ-553 über 10 Millionen Farben erzeugen kann, sind wir nun in der Lage, feine Farbdetails zu drucken, was in der medizinischen Ausbildung sehr wichtig ist“, sagt Andreas Falk. „Mit diesen farblich verbesserten Modellen können im Unterricht noch bessere Ergebnisse erzielt werden als bei der Verwendung von Leichen. Die Modelle lösen jedoch noch ein weiteres Problem: In einigen Ländern ist es aus ethischen oder religiösen Gründen nicht möglich, mit Leichen zu arbeiten, sodass man sich auf die Verwendung von Diagrammen und einfachen anatomischen Modellen beschränken muss. Mit den neuen Modellen können in diesen Ländern nun Kunststoffnachbildungen menschlicher Körper verwendet werden, was der medizinischen Ausbildung zu erheblichen Fortschritten verholfen hat.“
Die Verwendung des Vollfarbdrucks bei anatomischen Modellen hat zahlreiche Vorteile, erklärt Falk weiter. „Der erste Schritt war die Reproduktion eines gesunden Körpers. Jetzt haben wir eine neue Reihe von Pathologien, die uns neue Möglichkeiten eröffnen. Es gibt viele Krankheiten, die die meisten Ärzte noch nie gesehen haben, weil man so selten einen Leichnam mit dieser speziellen Krankheit findet. Jetzt haben wir eine Sammlung von Reproduktionen zur Darstellung dieser Krankheiten, mit denen Studenten arbeiten können. Das ist ein großer Fortschritt für die medizinische Lehre auf der ganzen Welt.
Die einfache Reproduzierbarkeit der 3D-gedruckten Modelle ist eine weitere wichtige Verbesserung gegenüber herkömmlichen Lehrmodellen. Mit dem 3DUJ-553 kann Erler Zimmer immer wieder genau das gleiche Modell herstellen, während es sich bei einer Leiche um einen einzigartigen Körper handelt. Das bedeutet, dass in einem Raum voller Studenten jeder Student das gleiche Modell vor sich hat, anstatt sich um einen einzigen Tisch drängen zu müssen.
Die für diese Modelle verwendeten Materialien sind ebenfalls sehr wichtig für die Ausbildung. Der 3DUJ-553 ist in der Lage, harte und weiche Harze zu drucken, die zerlegbar und injizierbar sowie transparent sind, um innere Strukturen sichtbar zu machen. Die Harze ermöglichen auch eine viel glattere Oberflächenstruktur als herkömmliche pulverbasierte 3D-Druck-Objekte. „Die Klarheit des Materials ist für uns sehr wichtig“, sagt Andreas Falk. „Es gibt viele feine Gefäße, Nerven und andere Dinge, die während des Gebrauchs beschädigt werden können. Wir verwenden durchsichtiges Material, um Stützstrukturen zu schaffen, die das Produkt stärken.“
Was die Laufzeit des Druckers betrifft, betont Andreas Falk, dass das Gerät bei Erler Zimmer ständig in Betrieb ist. „Der Drucker ist nur untätig, wenn er gereinigt wird und wenn wir das Modell aus der Maschine nehmen. Unmittelbar danach beginnen wir schon wieder mit dem nächsten Druck.“ In den sechs Monaten, in denen der Mimaki 3DUJ-553-Drucker von Erler Zimmer bisher in Betrieb war, lief er ununterbrochen, ohne jegliche Probleme oder Qualitätseinbußen.
Die im Bereich der Modellherstellung für medizinische Anwendung eingesetzte 3D-Drucktechnologie entwickelt sich ständig weiter, nicht zuletzt, weil eine zunehmende Nachfrage nach realistischeren und komplexeren Modellen besteht. Viele Unternehmen, darunter auch Erler Zimmer, würden zum Beispiel gern flexible Materialien beim Vollfarbdruck verwenden – ein Wunsch, den Mimaki in nicht allzu ferner Zukunft zu erfüllen hofft. Ein weiterer Punkt, auf den Falk hinweist, ist die Software für Unternehmen, die mit 3D-Farbdruck beginnen wollen. „Die größte Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Scantechnologien zusammenzubringen, da bei medizinischen Modellen meist eine Kombination aus CT, MRT und optischen Scans sowie manueller Bearbeitung verwendet wird. Man braucht einen Anatomen, um sicherzustellen, dass das Ergebnis medizinisch korrekt ist. Die Schwierigkeit besteht dann darin, all diese unterschiedlichen Daten zusammenzufügen und alle Druckdateien vorzubereiten. Man braucht einen Spezialisten, um korrekte Modelle herzustellen.
Beim 3D-Druck stand Farbe anfangs nicht im Vordergrund. Inzwischen wurden neue Fähigkeiten entwickelt, die zu einer Veränderung des Marktes geführt haben. Die Technologie findet immer neue Einsatzmöglichkeiten in der Medizin, im Gaming-Bereich und im Kunstsektor. Es ist eine Welt neuer Möglichkeiten entstanden, die auf den Ideen ehrgeiziger und innovativer Designer basiert und die unvorstellbare Potenziale für die Herstellung anatomischer Modelle eröffnet. Erler Zimmer hat bei der Nutzung von 3D-Farbdrucktechnologie in diesem Bereich Pionierarbeit geleistet und dadurch nicht nur dazu beigetragen, das Niveau der medizinischen Ausbildung zu verbessern, sondern sie auch für Studenten und Forscher auf der ganzen Welt zugänglicher zu machen.